In unserer modernen Gesellschaft, in der immer mehr relativiert, nivelliert und infrage gestellt wird, wollen Eltern ihren Kindern ein starkes Fundament geben, auf dem sie wachsen und gedeihen können. Dafür brauchen Kinder grundlegende Werte, die ihnen Orientierung vermitteln, ihr Selbstvertrauen stärken und es ihnen ermöglichen, tragfähige Beziehungen zu ihren Mitmenschen und zur Umwelt aufzubauen.
Nachfolgende Artikelreihe gibt eine Fülle an Anregungen, wie Eltern Werte im Erziehungsalltag – ohne Zwang, aber authentisch und aufrichtig – vorlegen, vermitteln und umsetzen können.
Dazu werde ich auf nachfolgende Themenbereiche näher eingehen:
- Was sind Werte? Und wie grenzen sich diese zu Normen ab?
- Warum brauchen wir, insbesondere unsere Kinder, eigentlich Werte?
- Welche Werte brauchen unsere Kinder?
- Wie eignen sich Kinder ein Wertegerüst an?
- Wer ist für die Wertebildung verantwortlich?
- Kreative Ideen, Anregungen und Tipps zur Wertebildung von Kindern
- Vertiefungen (z.B. Werte und Normen im Leben Jugendlicher; Mutig und stark – Resilienz bei Kindern fördern; Was tun mit kleinen Rumpelstilzchen?)
Werte machen Kinder stark!
In der Kindheit vermittelte Werte prägen den Menschen sein Leben lang. Erziehung und Umwelt erzeugen schon von klein auf eine bestimmte Grundeinstellung, die bestimmt, was man im Leben schätzt und als wichtig empfindet. Besonders die Eltern haben großen Einfluss auf das zukünftige Werteempfinden von Kindern.
Unsere aktuelle Welt und Zukunft ist hochkomplex und riskant. Die letzten Jahre kam es zu Finanzkrisen, Öl-Katastrophen, Erdbeben, Tsunamis – und wir wissen, die nächste Katastrophe kommt bestimmt.
Es ist demnach wichtiger denn je, in Krisen zu mentaler, sozialer, emotionaler Stärke sowie Anpassungsfähigkeit in der Lage zu sein. Genau das meint der Begriff „Resilienz“. Klare Werte und Ziele verleihen Kindern diese innere Widerstandsfähigkeit.
Deshalb sind Werte sehr wichtig!
Je klarer eigene Werte bewusst sind,
- desto leichter fällt es, Krisen als Umleitung auf dem Lebensweg anzusehen
- desto mehr Orientierung herrscht in Krisenzeiten, die wiederum in Konfliktsituationen hilft, klar und authentisch zu bleiben
- desto leichter fällt es, Sinnfragen des Lebens beantworten zu können
- Werte sind unser innerer Kompass
Werte sind unser innerer Kompass
Werte sind unser innerer Kompass, an dem wir unser Handeln ausrichten¸ Sie helfen uns, uns in der Gesellschaft zurechtzufinden. Durch sie müssen wir nicht ständig neu entscheiden. Werte können auch als unser persönlicher Leitfaden beschrieben werden, der sich durch das ganze Leben zieht, der uns Halt und Sicherheit gibt. Werte sind unabhängig von vorübergehenden Trends, sie sind beständig und damit keine altmodischen Sekundärtugenden, sondern zeitlos und deshalb modern. Werte geben in Entscheidungen und Konflikten feste Maßstäbe und Handlungsperspektiven und es gibt keinen einzigen Lebensbereich, in dem wir auf Werte verzichten möchten. Werte dienen der Orientierung, sind aber eigentlich nicht zu 100% zu erreichen. Aus diesem Grund kommt es immer wieder auch zu einem Scheitern und Neubeginn.
Zusammengefasst: Wir Menschen wollen Werte. Und wir sind grundsätzlich auch bereit, ein werteorientiertes Leben zu führen. Das ist zwar manchmal ganz schön anstrengend. Aber es ist erfüllend und sinnstiftend.

Viele Kulturen verfügen über ein moralisches Fundament des Zusammenlebens
Interkulturelle empirische Befunde zeigen: Menschen in vielen Kulturen gleichen sich darin, dass sie sich an grundlegende Werten wie Freiheit, Gerechtigkeit, wechselseitige Achtung und Fürsorglichkeit – dem moralischen Fundament des Zusammenlebens – gebunden fühlen
Dennoch führen moralische Ideale nicht gradlinig zu moralisch gutem Verhalten. Es gibt Situationen, wo wir anders handeln, als es moralisch angemessen wäre (z.B. haben viele Menschen nach dem 2.Weltkrieg Lebensmittel- und Heizmittel geklaut, ob ihnen bewusst war, dass sie sich moralisch falsch verhalten).
Als Grundwerte gelten jene im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland formulierten Rechte, die jedem Menschen, ohne Rücksicht auf Herkunft, Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Ansehen und Sozialprestige unveräußerlich zustehen.
Werte ≠ Normen
Werte müssen von Normen unterschieden werden. Normen sind Handlungsvorschriften, Richtlinien, verhaltensorientierte Regeln, die mehr oder weniger genau festlegen, was in einer bestimmten Situation eine angemessene und erwartete Verhaltensweise ist. Normen basieren auf den Wertvorstellungen, die in einer Gesellschaft gelten. Sie sind eher fremdbestimmt und vorgegeben; sie beziehen sich zumeist auf bestimmte Situationen und deren Nicht-Einhaltung wird von der Gesellschaft sanktioniert. Beispiele für Normen sind das Grundgesetz oder auch die 10 Gebote.
Werte sind für uns alle wichtig
Jedes Miteinander, jedes Zusammenleben, in der Familie, in der Schule, in der Kommune, in der Nation generell beruht auf Werten. Ohne diese Werte wäre das Zusammenleben rücksichtslos und egoistisch. Entwicklungen dieser Art gab und gibt es, schaden uns letztlich jedoch allen. Sie gefährden den inneren Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Verschiedenste Untersuchungen haben ergeben, dass Gesellschaften nur dann widerstandsfähig, selbstbewusst und wirtschaftlich erfolgreich sein können, wenn der innere Zusammenhalt stabil ist.
Einen stabilen Zusammenhalt, ein friedliches Miteinander bekommt man sicher nicht, wenn man von staatlicher Seite her droht, bestraft oder Security-Leute auf die Pausenhöfe und in die U-Bahnen stellt. All das mag trotzdem natürlich notwendig sein, aber der beste Schutz vor Fehlentwicklungen ist, wenn Werte beachtet und gelebt werden. Es braucht ein Fundament geteilter Grundwerte. Dazu gehören Freiheit und Gerechtigkeit, Respekt und Anerkennung, Toleranz und Offenheit, Friedfertigkeit und Menschlichkeit. Diese Werte müssen gepflegt, bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Kinder brauchen Werte!
Wir Menschen sind nicht instinktgeleitet, sondern lernende Wesen. Wir wissen nicht von Geburt an, wie wir leben, was wir tun und lassen sollen. Wir müssen lernen. Darum brauchen Kinder „Erziehung“ – auch in Werte-Fragen. Wie diese Erziehung allerdings genau aussehen soll, ist umstritten.
Entwicklungspsychologe Kohlberg hat festgestellt, dass sich die Entwicklung der kindl. Moral in Stufen vollzieht. Alle Stufen bauen aufeinander auf. Ihre Vollendung findet die moral. Entwicklung erst mit Hilfe einer sog. Konventionellen Phase, in der sich die jungen Menschen an einer gesellschaftl. Ordnung, und deren Wertesystem orientieren. Erst aufbauend auf dieser Phase entwickeln Jugendliche eine echte, eigene moralische Urteilsfähigkeit.
Das heißt: Kinder brauchen Orientierung an Vorbildern. Sie lernen am besten durch Anschauung ihrer Eltern, Geschwister, Großeltern, Freunde, Erzieher und Lehrkräfte und erkennen, welche Werte in welchem Kontext wichtig sind. Auch Heranwachsende brauchen und wollen Werte, weil sie Halt und Orientierung geben. Gleichzeitig reiben sie sich jedoch an Werten, stellen sie infrage, testen sie auf ihre Wahrhaftigkeit. Heranwachsende brauchen dann Erwachsene, bei denen sie Begleitung und Unterstützung in ihren sozialen und moralischen Entwicklungsaufgaben erfahren.
Welche Werte unsere Kinder und Jugendlichen nun ganz konkret heutzutage brauchen, wie sich die Werteerziehung im Zeitverlauf der letzten 30 Jahre verändert hat und wie Kinder sich grundsätzlich ein Wertegerüst aneignen, erfahrt ihr im Teil 2 der Artikelreihe “Orientierung fürs Leben – Wertevermittlung bei Kindern”, der in den nächsten Tagen am Blog erscheint.
Autorenbox:

Katharina Theißig
– studierte Pädagogin, akad. Expertin Early life care, derz. im Masterstudiengang
– zertif. Elternbegleiterin und Sprachfördertrainerin
– Rainbowpädagogin bei Trennung und Scheidung
– Safe-Mentorin und bindungsbasierte Beraterin
– Finanzcoach
– Netzwerkmoderatorin der frühen Bildung
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