Werbung: unbezahlt & unbeauftragt
In unserer heutigen Zeit ist es nicht leicht, Schulden zu vermeiden. Es gibt viele verlockende Angebote, günstig und ohne Bonitätsprüfung Gelder aufzunehmen. Viele Menschen geraten so in die Schuldenfalle, ohne es überhaupt zu merken. Sie geben über Jahre hinweg mehr Geld aus, als sie einnehmen.
Nachfolgende Artikelreihe klärt darüber auf, wo die Fallstricke des Lebens liegen und gibt Tipps und Tricks, um gar nicht erst in diesen gefährlichen Teufelskreis zu geraten bzw. wie sie aus diesen wieder heraus finden können.
Dazu wird auf nachfolgende Themenbereiche näher eingegangen:
- Wege in die Schuldenfalle
- Konkrete Hilfsangebote, um aus der Schuldenspirale herauszukommen
- Was können Familienangehörige od. Freunde tun, um zu unterstützen?
- Der richtige Umgang mit Geld, Konsum – Warum ist es gerade bei Kindern wichtig aufzuklären?
- Spezialthemen: Schulden und Sucht, Schulden im Alter
Der Einführungsartikel erfolgt in Zusammenarbeit mit der staatlich anerkannten Schuldenberatung Salzburg und fasst ein persönliches Interview mit dem Geschäftsführer Peter Niederreiter und der Beraterin Inge Honisch zusammen.
Schuldenprobleme sind kein Einzelfall!
Laut der EU Silc aus dem Jahr 2008 hatte mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung schon einmal ernsthafte oder immer wieder kleinere finanzielle Schwierigkeiten. 9% der Bevölkerung leben in Haushalten, die zumindest einmal Zahlungsrückstände aufwiesen, also überschuldet waren. Im Jahr 2017 erhielten 60.197 Personen Unterstützung von den staatlich anerkannten Schuldenberatungen.
Auf das Bundesland Salzburg bezogen, zeigt die Statistik der Schuldenberatung Salzburg, dass im Jahr 2018 mehr als 2000 Haushalte im Bundesland Salzburg beraten wurden. Die Verschuldeten waren zu 60% männlich und zu 40% weiblich. Ihr Durchschnittsalter lag bei 44 Jahren. 1/3 aller Klienten und Klientinnen stieg nach dem Ersttermin wieder aus dem Beratungsprozess aus, 2/3 blieben konsequent dabei.
Der Weg in die Schuldenfalle ist für die wenigsten Betroffenen zu erkennen
Warum geraten heutzutage so viele Menschen in die Schuldenfalle? Viele Betroffene geraten in diese, ohne es auch nur zu merken. Sie geben über Jahre mehr Geld aus, als sie einnehmen. Angebote wie Zahlpause für mehrere Monate, bequeme kleine Raten, Kreditkarten mit Kreditrahmen von mehreren tausend Euro bei Minimaltilgung verschleiern diese Tatsache.
Der Weg in die Schuldenfalle ist angenehm zu gehen. Zumeist kommt jedoch sehr rasch der Zeitpunkt, wo bestehende Schulden nicht mehr bezahlt werden können und sich gleichzeitig die Belastungen durch Zinsen und die Kosten der Schuldeneintreibung vergrößern. Die Schuldenspirale beginnt sich zu drehen.
Die Praxis zeigt, dass der Kontoüberzug oftmals der Einstieg in die „Schulden-Karriere“ darstellt. Dieser ist die teuerste Form des Kredits, da bei Inanspruchnahme 7- 15% Zinsen fällig werden. Auch der „Kauf“ eines Handys ist oft schon ein Schritt in den Ruin. Das Gerät ist gratis, aber du bezahlst es über höhere Tarife. Auch Abos sind eine Gefahr. Du verpflichtest dich auf Jahre und kannst nur mit Mehrkosten aus dem Vertrag aussteigen, wenn die Einnahmen sinken. Der Weg in die Schuldenfalle ist vorprogrammiert. Vorsicht ist auch geboten bei Versicherungen, weil bei einer vorzeitigen Beendigung oftmals Laufzeitrabatte zurückgezahlt werden müssen. Bürgschaften sollten vorab überlegt sein, da BürgInnen grundsätzlich wie die KreditnehmerInnen haftbar gemacht werden können (gemäß dem Prinzip „mitgefangen – mitgehangen“).
In vielen Fällen geht der Ursprung einer Überschuldungssituation auch mit Lebensbrüchen einher, beispielsweise:
- Arbeitslosigkeit und dadurch verringertes Haushaltseinkommen
- Scheidung oder Trennung und die damit verbundenen Einkommensverluste bei gleichzeitig steigenden Kosten
- physische und/ oder psychische Erkrankungen und die damit eingeschränkte Erwerbsmöglichkeit
- Scheitern einer Selbständigkeit
Es gilt hierbei, dass keiner dieser Gründe zwangsläufig zur Überschuldung führt. Oft führen erst mehrere Gründe in der Kombination zu Schuldenproblemen.

Staatliche Schuldenberatungsstellen sind kompetente Ansprechpartner für Menschen, die von Schuldenproblemen betroffen sind!
Die Schuldenberatungsstellen sind ein Weg aus der Schuldenfalle. Sie leisten seit vielen Jahren professionelle Hilfe, die eingreift, wenn Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind oder zu geraten drohen. Sie bieten verschuldeten Einzelpersonen, Familien oder Haushalten Hilfe zur Selbsthilfe, um die Ver- bzw. Überschuldung zu beseitigen oder zu verringern.
Schuldenberatung erfolgt:
- im öffentlichen Auftrag (u.a. sichtbar im Gütezeichen „staatlich anerkannte Schuldenberatung; finanziert durch staatl. Subventionen)
- schuldnerInnenorientiert, d.h. es werden gemeinsam mit den Betroffenen Auswege aus deren Situation gesucht
- nachhaltig und lösungsorientiert, d.h. es findet Unterstützung bei Schuldenregulierung statt; auch Ursachen der Verschuldungen und Möglichkeiten zur Vorbeugung gegen Verschuldung werden fokussiert
- vertraulich, kostenlos und professionell nach verbindlichen Qualitätskriterien
Verschuldete Einzelpersonen, Familien oder Haushalte können sich jederzeit bei einer der Schuldenberatungsstellen melden. Im Bundesland Salzburg gibt es derzeit drei Beratungszentren, nämlich in Salzburg Stadt, St. Johann und Zell am See, wo sich verschuldete Menschen hinwenden können. Für Menschen mit einem Wohnsitz im Landkreis Berchtesgadener Land steht die Schuldnerberatung der Caritas in Bad Reichenhall zur Verfügung. Im Landkreis Traunstein bietet die Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes in Traunstein Beratung für verschuldete Personen in finanziellen, haushalterischen und sozialen Fragen an.
Konkrete Leistungen der Staatlichen Schuldenberatungsstellen im Bundesland Salzburg:
- rechtliche Schuldenberatung: Vertretung in gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahren möglich, Bearbeitung von rechtlichen Problemen und Gewährleistung der Zusammenarbeit mit Gläubigern, RechtsanwältInnen und Gerichten; Abwicklungsberatung für Selbständige, die ihr Unternehmen schließen möchten
- wirtschaftliche Schuldenberatung (Budgetberatung): Unterstützung bei Haushaltsbudgetplanung, Sanierungspläne (offen auch für Menschen, die aktuell nicht überschuldet sind),
- psycho-soziale Schuldenberatung: Lotsenfunktion im Falle psychische und sozialer Probleme, die die vorhandenen Lösungskompetenzen und -Kapazitäten übersteigen; Weitervermittlung an spezialisierte Organisation
- präventive Schuldenberatung: vorbeugende Arbeit in Form von vielfältigen Bildungsangeboten, v.a. für Jugendliche und junge Erwachsene, z.B. Finanzführerschein für Jugendliche an Berufsschulen und Mittelschulen in der 4. Klasse; Workshops zum richtigen Umgang mit Geld
In der Regel ist ein Erstgespräch in einer der Schuldenberatungsstellen innerhalb von 2- 4 Wochen nach Kontaktaufnahme möglich. Die SchuldenberaterIn verschafft sich zunächst einen Überblick (z.B. mittels Gläubigerliste, Einnahmen-Ausgaben-Übersicht) und informiert die SchuldnerIn über Lösungsmöglichkeiten. Dabei gilt das Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe, d.h. so viel Unterstützung, wie notwendig – so wenig, wie möglich. Interventionen der Beratungsstellen erfolgen nur dort, wo es keine andere Möglichkeit mehr gibt. In diesem Fall verhandeln SchuldenberaterInnen – mit Auftrag der Schuldnerin und unter deren unverzichtbarer Mitarbeit – auch mit Gläubigern, z.B. über Ratenzahlungen, Stundungen, Teilverzichte. Ziel der Schuldenberatung ist eine nachhaltige Sanierung der finanziellen Situation der SchuldnerInnen.
Schuldenberatungen gewährend keine finanziellen Hilfeleistungen, wissen aber, wo es entsprechende Unterstützungen gibt, z.B. diverse Beihilfen, Mindestsicherung etc. Sie übernehmen keine Haftungen und organisieren oder vermitteln auch keine Kredite.

Auch Familienangehörige und Freunde können die Initiative ergreifen und dadurch helfen!
Auch Familienangehörige und Freunde können die ersten Schritte unternehmen, um die Schuldenspirale zu unterbrechen. Eine Möglichkeit kann sein, Kontakt zu einer Schuldenberatungsstelle aufzunehmen und sich dort zu informieren, was sie zur Unterstützung tun können oder besser lassen sollten.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass es hilfreich sein kann, wenn freundlich, aber bestimmt mit dem Betroffenen gesprochen wird. Offen über die Probleme sprechen – das bietet in der Regel Entlastung für das gesamte Familiensystem. Denn auch wenn es nicht immer einfach ist, es ist wesentlich sinnvoller, mit dem Verschuldeten ein „ernstes Wort“ zu reden und ihm anzubieten, mit ihm nach einer tragfähigen Lösung zu suchen. Es lohnt sich, einer verschuldeten Person die Fakten nüchtern und ungeschönt vor Augen zu führen – und ihm gleichzeitig seine Unterstützung anzubieten. So kann man mit ihm das Vorgehen zur Schuldentilgung ausarbeiten oder gemeinsam das Haushaltsbudget berechnen. Je eher der Verschuldete erkennt, dass er in einem Teufelskreis gefangen ist, desto leichter wird es für ihn sein, diesen zu durchbrechen und weitere Schuldenprobleme zu vermeiden. Als unterstützend wird es oftmals auch empfunden, wenn Familienangehörige oder Freunde den Verschuldeten beim ersten Termin in die Schuldenberatungsstelle begleiten.
Weniger hilfreich ist es auf Dauer, wenn Angehörige oder Freunde den Verschuldeten in Schutz nehmen, ihn bemitleiden oder auf eigene finanzielle Rücklagen zurückgreifen oder sogar Kredite aufnehmen, um die Löcher in der Haushaltskasse zu stopfen und/ oder um dem Verschuldeten Geld zu leihen. Solche Verhaltensweisen sind zwar nachvollziehbar, verschleiern aber nur das tatsächliche Ausmaß des Problems. Sie machen die Situation eher noch schlimmer.
Kinder müssen von Anfang an den richtigen Umgang mit Geld und Konsum lernen!
Den richtigen Umgang mit Geld lernen Kinder in erster Linie von ihren Eltern oder anderen wichtigen Bezugspersonen. Zwar wird das Thema Geld mittlerweile auch in der Schule angesprochen, den richtigen Umgang sollten Kinder jedoch bereits vorher erlernen. Am besten schon, bevor sie das erste Taschengeld zur freien Verwendung erhalten. Denn Tatsache ist, wer nicht von klein auf lernt, verantwortungsbewusst mit Geld umzugehen, läuft Gefahr, später in finanzielle Engpässe zu geraten!
Die Eltern sind mit ihrem Konsum- und Ausgabeverhalten die wichtigsten Vorbilder für ihre Kinder. Sie sollten ihren Kindern kindgerecht beibringen, dass Geld nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und man dafür arbeiten muss. Gerade kleine Kinder können den Wert von Waren und Geld noch nicht einschätzen. Für sie zählt in erster Linie, dass sie, was sie sehen auch haben möchten. Aufdringliche Werbung und das gezielte Platzieren der Produkte im Supermarkt sind da nicht gerade hilfreich. Wichtig ist deshalb, dass nicht alle kindlichen Wünsche von den Eltern sofort erfüllt werden, da dies sonst für die Kinder bald selbstverständlich ist und die Bedeutung von Geld hierbei mehr und mehr verloren geht.
Für Eltern mit älteren Kindern ergibt sich oft die Frage, ab welchem Alter ihre Kinder Taschengeld erhalten sollten. Eine gängige Empfehlung lautet, sobald ein Kind rechnen kann, ist es auch reif für Taschengeld. Spätestens ab der Grundschule sollten Kinder regelmäßig Taschengeld bekommen. Der Umgang mit Taschengeld ist für die Kinder eine wichtige Lektion. Sie lernen eigene Entscheidungen zu treffen und ob eine Anschaffung sinnvoll ist oder nicht. Für die Höhe des Taschengeldes gibt es zahlreiche Taschengeldempfehlungen, beispielsweise von den österreichischen Schuldenberatungsstellen, die jährlich aktualisiert herausgegeben werden. Experten empfehlen bei Kindergarten- und Grundschulkindern, das Taschengeld wöchentlich auszuzahlen. Ab einem Alter von 10 Jahren sind Kinder dann in der Lage, einen ganzen Monat zu überblicken.
Kinderbücher zum Thema Geld:
- Gratzki, Bettina: Der Euro/ mein erstes Buch vom Geld
- Hall, Alvin: Geld, Gold, Aktien – die spannende Welt der Finanzen
- Hille/Schäfer: Sparschwein, Bank und Taschengeld
- Nützel, Nikolaus: 7 Wege REICH zu werden – 7 Wege ARM zu werden
- Crummenerl/Puth: So ist das mit dem Geld
- Petersdorf von, Winand: das Geld reicht nie
- Welzk, Sterfan: Nieder mit dem Sparschwein
- Portmann, Rosemarie: die 50 besten Spiele zum Umgang mit Konsum
Sorgenfrei in der Zukunft – dafür braucht es auch unterstützende und verlässliche Rahmenbedingungen
Ziel der Schuldenberatungen ist eine nachhaltige Sanierung der finanziellen Situation der verschuldeten Einzelpersonen, der Familien und der Haushalte. Damit dies auch möglich wird, braucht es eine abgesicherte, dauerhafte Finanzierung für die Schuldenberatungsstellen, die die jährlichen Erhöhungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind oder die in den Tarifverträgen verhandelt wurden, berücksichtigt. Wünschenswert wäre zudem, dass der Finanzführerschein flächendeckend im gesamten Bundesland Salzburg an den Schulen Einzug findet. Daran anschließend wäre das „Betreute Konto“, ein Werkzeug zur Unterstützung bei der Durchführung existenzsichernder Zahlungen, eine sinnvolle Ergänzung und Ausweitung der Schuldnerberatung und Wohnungslosenhilfe im Bundesland Salzburg.
Kontaktdaten und Information
Staatl. Schuldenberatungsstelle Salzburg
Webportal der Staatl. Schuldenberatungsstellen Österreich