„Kinder an die Macht!“, das hat schon Herbert Grönemeyer gefordert. Die Stadt Freilassing setzt das Konzept um. Schon zum achten Mal öffnete in den Herbstferien die „Kinderstadt Freilassing“ am Werk 71 ihre Pforten. Alle Kinder zwischen 6 und 12 Jahren durften mitmachen und selber aktiv sein. Eigentlich haben Eltern und Erwachsene in der Kinderstadt nichts verloren, ich hatte jedoch Glück und durfte gemeinsam mit meinen Fremdenführerinnen einen Blick hinter die Kulissen werfen. Was ich alles erfahren habe, verrate ich euch hier am Blog.
Zweimal im Jahr, immer pünktlich zu den Pfingst- und Herbstferien verwandelt sich das Werk 71 in die Kinderstadt. Das Werk 71 ist ein Kinder- und Jugendkulturhaus, das als Ort der kulturellen Begegnung dient. Die Stadt Freilassing stellt hier Räume für die Kinder- und Jugendarbeit, Schulen, Vereine usw. zur Verfügung. Zusätzlich wird es für verschiedenste Aktivitäten wie Konzerte, Tanzveranstaltungen, Cafe Lingua (Asyl/Migrationstreff), Cafe International, Deutschkurse, Feste u.a. durch Akteure des KONTAKT genutzt.
Stadt zum Spielen
Die Kinderstadt ist ein Ferienangebot für Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 12 Jahren, das als ganztägiges offenes Freizeitangebot in den Pfingst- und Herbstferien vom im WERK 71 zur Verfügung steht. Das Projekt wird vom Kinder- und Jugendbüro der Stadt Freilassing geleitet und in Kooperation mit dem Kreisjugendring Berchtesgadener Land durchgeführt. Die Kinder zahlen einen Unkostenbeitrag von 2 € am Tag, geöffnet ist täglich von 9 – 16 Uhr, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Bei diesem Ferienangebot werden die Kinder während der Aktivitäten beaufsichtigt und angeleitet.

„Miteinander für Freilassing“ – Dank der jahrelangen und intensiven Jugendarbeit ist es in der Stadt gelungen, dass Jugendliche und junge Erwachsene, die früher selbst die Kinderstadt besucht haben, heute als ehrenamtliche Mitarbeiter mitwirken.
Durch die Kinderstadt lernen die Kinder spielerisch, wie das Leben in einer Stadt funktioniert. Ziel der Kinderstadt ist, dass Kinder selbst Verantwortung übernehmen und aktiv werden. Außerdem sollen sie ein Gespür für Geld bekommen und einen Einblick in den wirtschaftlichen Alltag.
Tagesablauf in der Kinderstadt
Die Kinderstadt wird immer feierlich durch den Freilassinger Bürgermeister Josef Flatscher eröffnet. Sie besteht aus verschiedenen Berufen, Werkstätten, einer Mal- und Bastelecke und diversen Angeboten, die es in jeder Stadt gibt, wie zum Beispiel der Bank, der Post, einer Schreinerei und vielem mehr. Die Kinder dürfen auch selbst Geld verdienen und politisch aktiv sein.
Die Kinder kommen um 9Uhr zum Anmelden ins Rathaus. Dort bezahlen sie den Teilnehmerbetrag und bekommen dafür einen Kinderstadtausweis, der zugleich eine Arbeitskarte und ein Sparbuch ist.
Wer Arbeiten und Geld verdienen will, muss zunächst erst zum Arbeitsamt, um zu schauen, welche Jobs aktuell überhaupt frei sind. Ist der Arbeitsplatz frei, wird dieser auf der Arbeitskarte eingetragen und das Arbeiten in der Werkstatt oder Einrichtung kann losgehen. Um möglichst vielen Kindern eine Mitarbeit an verschiedenen Stellen zu ermöglichen, ist der Zeitraum der Mitarbeit zeitlich eingegrenzt: mindestens 1/2 Stunde und maximal 2 Stunden. Nach Beendigung der Arbeitszeit wird diese Zeit in die Arbeitskarte eingetragen. Das Kind kann damit auf die Bank gehen und sich das verdiente Geld auf seinem Sparbuch eintragen lassen. Braucht es Geld, dann kann es dieses auch abheben und bei einer Veranstaltung oder bei einem Einkauf ausgeben.
Die Werkstätten stellen Gegenstände her, die für den Ausbau und den Betrieb der Kinderstadt gebraucht werden. So gibt es eine Holzwerkstatt, die die Briefkästen, Ortsschilder, Stühle, Regale, Utensilien für die Aktivangebote herstellen. Es gibt die Malwerkstatt, die die Produkte der Schreinerei, Schilder, Werbeplakate, Bilder, Blumentöpfe bemalt. Es gibt die Gärtnerei, die für das Anlegen eines Blumenbeetes verantwortlich ist, die Bäckerei, die Kuchen und Brot für den Verkauf am Kiosk herstellt und es gibt verschiedenste Bastelwerkstätten, die verschiedenste Produkte für den Verkauf im Kaufladen produzieren.
Zudem gibt es in der Kinderstadt auch Einrichtungen und Behörden. Hier werden Dienstleistungen erbracht und Veranstaltungen geplant und vorbereitet. So gibt es die Post, die Briefe und Pakete entgegennimmt, kassiert, die Briefkästen leert, Briefmarken abstempelt, Briefe verteilt, Post und Waren transportiert und auch Briefmarken, Stempel, Paketschachteln und Kuverts herstellt. Es gibt die Bank, die Geld herstellt, die Sparbücher verwaltet und Geld auszahlt, die Aktien verkauft und Dividenden auszahlt oder gutschreibt. Und es gibt das Radio, wo Interviews mit Workshopleitern und Besuchern geführt, Reportagen verfasst, Berichte geschnitten, Playlist erstellt, Sendungen zusammengestellt und moderiert werden und über Lautsprecher ausgestrahlt werden.
Die Kinderstadt bietet auch Aktivangebote und Veranstaltungen, wo die Kinder ihr Geld ausgeben können, um etwas zu Lernen – beispielweise Jonglieren, Zaubern, Schauspiel oder, wie man einen Trickfilm macht.
Zu einer Stadt gehört auch ein Bürgermeister!
Die Kinderstadt eignet sich sehr gut dafür, damit Kindern grundlegend die Abläufe in der Demokratie und Politik nahe gebracht wird. Oft stellt es sich heraus, dass eine Stadt eine Führung braucht und dafür gibt es einen Bürgermeister. Dieser wird gewählt und kann dann Entscheidungen gestalten.
Die Kinderstadt ist ein zentraler Baustein im kommunalen Gesamtkonzept zur Unterstützung von Familien
Schon seit Jahren engagiert sich die Stadt Freilassing bewusst für Kinder, Jugendliche und Familien. Von Betreuungsangeboten über Eltern-Kind-Parkplätze, Familiencafes, Spielplätze und Schulhöfe sowie Runde Tische für Familien, vieles ist schon für Familien geleistet worden. Die Kinderstadt als offenes Freizeitangebot für Schulkinder ist ein zentraler Baustein im kommunalen Gesamtkonzept. Viele Eltern sind über die Ferien berufstätig und können ihren Kindern kein abwechslungsreiches Ferienprogramm bieten. Genau deshalb gibt es seit einigen Jahren die Kinderstadt. Eltern werden somit unterstützt, den Spagat zwischen Familie und Beruf leichter bewerkstelligen zu können.
Die Kinderstadt ist ein Gemeinschaftsprojekt, an dem sich auch viele regionale Partner auf ganz vielfältige Weise beteiligen. Ein herzliches Danke schön für die großartige Unterstützung geht deshalb an den Hagebaumarkt Freilassing, den Biohof Lecker, die Bäckerei Unterreiner, den Globus, die Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau eG, die Private Landbrauerei Schönram sowie an die Sparkassenstiftung Berchtesgadener Land.
Liebes Organisationsteam, liebe Mitwirkende der Kinderstadt, ich bin schwer beeindruckt, was ihr mit der Kinderstadt Großartiges auf die Beine gestellt habt. Ich weiß, wie viel Zeit, Organisation und vor allem Herzblut notwendig sind, um ein Projekt wie dieses, in dieser Größe auf die Beine zu stellen. Dafür möchte ich einfach DANKE sagen, sicher auch im Namen ganz vieler Familien aus Freilassing und Nachbargemeinden. Danke, dass ihr euch mit so einer Vehemenz für Kinder, Jugendliche und Familien einsetzt. Macht unbedingt weiter so!
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Fotos: aus dem Privatarchiv von Katharina Theißig